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LESEZEIT: 10 MINUTEN

Time to say good bye, Dirk!

Ein Rückblick auf 37 Jahre All for One

Jul 26, 2023 5:08:59 PM

Vor ziemlich genau 37 Jahren betrat mein Kollege Dirk die All for One Arbeitsbühne. Am 20.07.2023 kam es dann zu einem Auftritt, der besonderen Art: Dirks letzter Arbeitstag. Ein bewegender Moment und für mich Grund genug, mit ihm in die Zeitmaschine zu steigen und in seine Vergangenheit zu reisen, die viele spannende Fragen aufwirft. Was hält einen Mitarbeiter fast vier Jahrzehnte beim gleichen Arbeitgeber?  Was hat sich aus dieser Zeit ins Gedächtnis gebrannt? Welche Höhen und Tiefen gab es? Und wie hat sich der digitale Wandel in der Zeit entwickelt? Darüber habe ich mit Dirk in seinem letzten Arbeitsmonat bei der All for One vor seinem Ruhestand gesprochen.

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Jochen: Hallo Dirk. Bevor wir in deine Vergangenheit reisen, verrate den Leser:innen doch ganz kurz etwas zu deiner Gegenwart. Was ist deine Position bei der All for One Group und was machst du am liebsten, wenn du nicht gerade mit deinem Job beschäftigt bist?

Dirk: Hi Jochen, aber gerne doch! Ich bin aktuell Sustainability Expert und darf zusammen mit meinen tollen Kolleg:innen das Thema »Nachhaltigkeit« in unsere Köpfe bringen. Hochspannend!
In meiner Freizeit dreht sich viel um Musik. Ich treffe oft auf Bands wie Tower of Power, Incognito, Maceo Parker, Earth Wind & Fire, Snarky Puppy und viele andere und bin daher häufig auf Konzerten.

Jochen: Zufällig weiß ich, dass du auch selbst Teil einer Band bist ...

Dirk: Ganz genau! Ich spiele als Gitarrist in einer eigenen Funk & Soul Band ;-)

Jochen: 1986 brachte IBM den ersten Laptop auf den Markt, Tim Berners-Lee veröffentlichte ein Dokument, das die Grundlagen des World Wide Web beschrieb, Diego Maradona schrieb mit "Der Hand Gottes" WM-Geschichte und die All for One Group gab es in seiner heutigen Namensform noch nicht. Wie hast du dieses Jahr erlebt? 

Ein "dummes" HP Terminal als erstes Arbeitsgerät

Dirk: Ja, 1986 war ein aufregendes Jahr! Da hat meine Geschichte in Richtung der All for One begonnen. Um ehrlich zu sein, bei meinem Einstieg war ich erstmal schockiert, zumindest was das Equipment betraf. Mit einem Apple hatte ich gerade meine Diplomarbeit »Einführung einer Unternehmenssoftware in einem Industriebetrieb« zu Ende gebracht. Im Job dagegen sollte ich vor einem dummen HP Terminal die Markteinführung eines Warenwirtschaftssystems vorbereiten. Heavy! Aber keine vier Wochen später hatte ich auch dort einen PC, als erster im Unternehmen überhaupt, sonst hätten wir dieses Interview vielleicht nie geführt (lacht). Da habe ich meine erste Lektion gelernt: Etwas Geduld und Beharrungsvermögen sind nicht verkehrt, und es dauert eben manchmal, bis Innovationen auch in den Unternehmen richtig angekommen sind.


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Heavy Job-Alltag der 80er Jahre: Ein "tragbares" Arbeitsgerät von HP 


Dirks All for one Vita im Schnelldurchlauf

Jochen: Deine komplette Vita bei uns zu rekapitulieren würde komplett den Rahmen sprengen, aber wagen wir doch einen kleinen Schnelldurchlauf ...

Dirk: Mein Start in Richtung All for One begann 1986 bei der AC Automation Center AG. Das war damals schon ein Wagnis für mich, denn es waren insgesamt turbulente Zeiten, weil nicht ganz klar war, unter welchem Dach sich mein Arbeitgeber in welcher Form entwickeln würde. Aber letztlich hat sich meine Risikobereitschaft ausgezahlt und ich konnte mich in einem für mich passenden und aufstrebenden Arbeitsumfeld etablieren.
Nach Positionen in Marketing, PR und Produktmanagement bei AC dufte ich 1995 den Management Buy Out und 1998 den Börsengang als AC-Service AG an den Neuen Markt begleiten. Seitdem bestimmten Investor, Public und Corporate Relations meinen weiteren Werdegang bei AC sowie ab 2008 bei All for One. Denn zwei Jahre zuvor hatte die AC-Service AG die All for One GmbH gekauft und daraus in 2008 die All for One Midmarket AG formiert. Bei der All for One Group SE, durfte ich dann viele Jahre später, 2021, zusammen mit wirklich großartigen Kolleg:innen, den Bereich »Sustainability« aufbauen.


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Dirk an seinem letzten Arbeitstag und in seinem musikalischen Element.


Jochen: 37 Jahre Betriebszugehörigkeit – wie hast du diese Zeit erlebt? 

Dirk: Transformation – auch die eigene – gehörte einfach immer schon dazu. Und wir waren niemals inhabergeführt. Ich glaube, beides prägt uns bis heute. Unser Selbstverständnis, wie wir in Richtung Markt und Kund:innen agieren und auch, wie wir als Kolleg:innen miteinander umgehen. Verbindlichkeit und eine klare, ambitionierte Zielsetzung waren von Beginn an enorm wichtig – wer ankündigt, muss auch liefern. On time, on quality, on budget.
Typisch All for One war auch damals schon, Erfolge feiern zu können und gleichzeitig Fehler einzugestehen und unbequeme Wahrheiten ungeschönt anzusprechen. Ich habe meist direkt an den Vorstand berichtet und war zudem für rund 10 Jahre Gast in jeder Aufsichtsratssitzung. Das hat mich sehr geprägt. Volle Transparenz und das Untermauern mit harten Fakten waren immer enorm wichtig in meinem Job. Gleichzeitig habe ich so gelernt, auch bei größeren Konflikten, stets loyal zu bleiben. Diese Grundhaltung zeichnet die ganze All for One aus und ist einer der Gründe für ihre gute Reputation.

Der digitale Wandel

Jochen: Technologisch betrachtet liegen zwischen dem Jahr 1986 und 2023 Welten. Wie hat sich im IT-Umfeld aus deiner Sicht am meisten verändert?

Dirk: Auch in den 80ern wurde bereits »digitalisiert«. Soft- und Hardware waren jedoch wie siamesische Zwillinge. Wehe dem, der einen Umstieg etwa von HP 3000 auf DEC VAX, IBM S/36, S/38 oder auf Nixdorf 8870 ins Auge fassen wollte. Für die IT Industrie waren solche Silos vorübergehend eine wahre Goldgrube. Mit dem Aufkommen offener Systeme war Schluss damit. Heute ist es ungleich schwieriger, hier gutes Geld zu verdienen. Um zu skalieren, müssen IT Services »industriell« erbracht werden, Nearshoring eingeschlossen. Unsere CONVERSION/4 Leistungen könnten diese Entwicklung kaum besser veranschaulichen.
Beim Programmieren hingegen deutet sich eine Renaissance an, wenngleich unter anderen Vorzeichen. Mussten wir 1986 beim Codieren akribisch auf teure Systemressourcen achten, hat sich hier heute aus nachhaltiger Sicht viel getan, denn intelligente Programmierung entscheidet maßgeblich über den CO2 Footprint einer Software. Überhaupt ist »own intellectual property«, sprich, eine eigene Softwareentwicklung, auch bei IT-Dienstleistern wieder im Kommen. Der nächste große Innovationsschub – die breite Anwendung von künstlicher Intelligenz im Kontext von Business Software dürfte, nicht nur hier, für weitere Impulse sorgen. Kurzum: Die Digitalisierungs- und Transformationsreise ist eine NeverEnding Story. Ich bleibe auch weiterhin sehr gespannt, in welche Richtung sie sich entwickelt!

Jochen: Hast du Höhen oder Tiefen erlebt, die dir sehr präsent im Kopf geblieben sind?

Dirk: Und ob! Bei den Highlights denke ich zuerst an den Management Buyout und den Börsengang. Rückblickend dürften wir so den Grundstein für unsere heutige Unabhängigkeit gelegt haben. Niemals vergessen werde ich auch die legendären CeBIT Messen, die Gründung von United VARs, unsere Übernahme Steeb von SAP, unseren Start in Istanbul genauso wie meine jüngsten Begegnungen mit den vielen Kolleg:innen aus Ägypten. In unserer Softwareentwicklung sind dort größtenteils Frauen tätig. Im Konzern dagegen kommen wir in den technischen Berufen gerade mal auf rund 19% Frauenanteil. Über alldem steht jedoch dies: egal wohin ich mich begebe, ich treffe auf unzählige spannende Kunden und Partner, für die wir heute tätig sein dürfen. Unglaublich, wie stark wir hier in den vergangenen Jahren zugelegt haben! Dass so viel Licht ganz zwangsläufig auch Schatten nach sich ziehen muss, liegt in der Natur der Sache. Natürlich hatte ich schwere Enttäuschungen, auch menschliche, zu verdauen, genauso wie Rückschläge. So waren wir etwa mit unserer Equity Story beim Börsengang 1998 rund um eine eigenentwickelte Unternehmenssoftware krachend gescheitert. Es hat viel beharrliche Investorenarbeit gebraucht, ehe die Kapitalmärkte unseren Change verstanden und wir das Niveau des Emissionskurses wieder erreicht hatten. Der Kapitalmarkt hat einfach ein Elefantengedächtnis.

WArum so treu?

Jochen: Einem Arbeitgeber ist so lange treu zu bleiben ist heute kaum noch vorstellbar. Fast jede/r zweite Berufstätige aus der Generation Z ist offen für einen Jobwechsel. Da frage ich mich: Was hat dich so lange bei uns gehalten?

Dirk: Bei der All for One haben wir zwar fast dieselben Herausforderungen, wie ein DAX Konzern, sind jedoch deutlich schlanker aufgestellt. Der »Scope« für jeden Einzelnen ist daher bei uns ungleich größer. Unser aller Jobs könnten daher kaum spannender sein. Wer viel Internationalität suchte, tat sich vor einigen Jahren hier noch schwer. Dank unseres starken globalen Wachstums hat sich jedoch auch das grundlegend geändert. Neben Deutsch wird heute Englisch immer mehr zur zweiten Unternehmenssprache. Und wer sich beruflich verändern will, nutzt einfach unser »internal move program«. Der interne Wechsel meiner Kollegin Sarah Sailer ist dafür ein tolles Beispiel. Kurzum: Entscheidend waren für mich immer die Perspektiven, und die sind bei der All for One Group seit jeher einfach unglaublich gut.

Jochen: Was würdest Du deinem ICH aus dem Jahr 1986 rückblickend mit auf den Weg geben?

Dirk: Bereits in jungen Jahren hätten mir mehr Gelassenheit und ab und an etwas mehr Geduld nicht geschadet. Hartnäckigkeit hat mir oft geholfen, Sturheit nicht immer. Acht Roadshow Termine an einem Tag in Städten wie New York, San Franzisco, Bosten, London oder Paris sind mit der U-Bahn wahrlich kaum zu schaffen. Mit dem Taxi geht das eindeutig besser.

Ohne nachhaltigkeit ist alles nichts

Jochen: Du widmest dich mittlerweile dem Thema Nachhaltigkeit. Wie kam es dazu?

Dirk: Es war an der Zeit, unsere Investor Relations Arbeit grundlegend neu zu betrachten. Vermögen, Schulden und Eigenkapital zu bilanzieren, ist nur das eine. Richtig rund wird das erst zusammen mit der völlig anders gearteten Bilanzierung der ESG Themen, etwa Treibhausgasemissionen. Oder anders: ohne Nachhaltigkeit ist alles nichts. Das Kapitel betriebliches Rechnungswesen wird neu geschrieben. Diese Horizonterweiterung hat mich enorm fasziniert und wird zukünftig auch den »Stakeholder View« noch sehr viel mehr bestimmen.

Jochen: Unsere sieben Werte sind uns wichtig. Gibt es einen Wert, der dir besonders am Herzen liegt?

Dirk: Unsere Werte bilden für mich einen ganzheitlichen Kanon, in dem ich mich voll und ganz wiederfinden kann. Daher tue ich mich schwer damit, einzelne hervorzuheben. Aber vielleicht so viel: »Entrepreneurial Mindset« im Verbund mit »Serious Sustainability« sprechen mich ganz besonders an.

Jochen: Wie geht es weiter bei dir?

Dirk: In Zeiten von Remote Work ist es nicht ganz einfach, sich von derart vielen geschätzten Kolleg:innen und Geschäftspartner:innen persönlich zu verabschieden. Zudem bleibe ich dem Thema Sustainability auch nach meiner planmäßigen Übergabe im Team weiterhin verbunden und bin als Ansprechpartner im Hintergrund verfügbar. Es wird daher eher ein Abschied auf Raten, oder vielleicht ein neuer Anfang? Raum dafür gibt es jedenfalls genug. Ich habe es bisher tunlichst unterlassen, neue Pläne für die Zukunft zu schmieden. Anstatt allzu oft bereits verplant zu sein, möchte ich viel mehr flexibel zusagen können und der riesigen All for One Community keinesfalls nur als Aktionär verbunden bleiben. Meine bekannte Mobilnummer jedenfalls nehme ich unverändert mit in den »Unruhestand«….

Jochen: Gut zu wissen. Die Nummer wird direkt notiert :-) Ich danke dir sehr für das Gespräch, Dirk!

Dirk: Hat mich sehr gefreut, Jochen :-)


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